Der Weg des geringsten Widerstands - Konflikte in der Pflege mit "Kommunikativem AIKIDO" lösen

 

Die Pflege eines Angehörigen ist emotional und physisch belastend. Konflikte und Missverständnisse mit den Pflegebedürftigen, den Geschwistern und mit den Leistungsträgern der Pflegeinstitutionen sind allzu oft an der Tagesordnung. Als besonders verletzend erleben es die Pflegenden, wenn in der Familie alte Konflikte wieder auf die Tagesordnung kommen und die notwendigen Absprachen dazu genutzt werden, auszukämpfen, wer denn jetzt das Sagen haben darf. Viele Ratgeber rund um die Pflege empfehlen sogenannte Familienkonferenzen, um die Aufgaben und Herausforderungen der Pflege zum Wohle der Pflegebedürftigen gerecht auf die zur Verfügung stehenden Schultern zu verteilen. Leider funktioniert dies in Regel nicht und im Kampf um die eigenen Interessen zerbrechen regelmäßig, die ohnehin schon fragilen Geschwisterbeziehungen. 

Dabei lassen sich diese Konflikte besser lösen, wenn wir Prinzipien aus der Kampfkunst Aikido nutzen. In diesem Artikel erfahren Sie, wie "Kommunikatives Aikido" helfen kann, mehr Harmonie und Balance in Ihren Pflegealltag zu bringen.

Was ist Aikido?

Aikido ist eine japanische Kampfkunst, die auf den Prinzipien der Harmonie und des Flusses basiert. Anstatt auf Konfrontation setzt Aikido darauf, die Energie des Angreifers aufzunehmen und umzulenken, sodass der/die Angreifende die Gelegenheit gewinnt, zur Einsicht zu kommen, seinen Angriff aufzugeben und weitere Angriffe zu unterlassen. Dafür benötigt die angegriffene Person geistige Stabilität und eine friedfertige Grundhaltung gegenüber der angreifenden Person, denn es geht nicht darum zurückzuschlagen. Diese Prinzipien lassen sich auch auf die Kommunikation und Konfliktlösung übertragen.

Wie funktioniert "Kommunikatives AIKIDO?

Im kommunikativen Aikido werden die Prinzipien der traditionellen japanischen Kampfkunst Aikido auf die zwischenmenschliche Kommunikation und Konfliktlösung übertragen, um harmonische und respektvolle Interaktionen zu fördern. Es geht darum, Konflikte konstruktiv und kooperativ zu lösen, anstatt sie durch Konfrontation zu verschärfen. 

Im Kommunikationstraining wurde ich letztens gefragt, wie der Teilnehmende „die anderen“ verändern könne. Die Antwort darauf lautet: „Du kannst die anderen nicht verändern. Du hast nur eine Chance, Ihr Verhalten Dir gegenüber zu verändern, wenn Du Deine Einstellungen zu Ihnen und Deine Haltung im Konflikt zu ihnen veränderst.“

Kommunikatives AIKIDO hilft dabei. Machen Sie sich bewusst, dass Körper und Geist eine Einheit bilden. Dafür ist es wichtig, dass Sie Ihren Stress durch die Pflege und in konfliktbeladenen Situationen regulieren lernen und Methoden entwickeln, um wieder in die Balance zu kommen. 

  1. Lernen Sie Techniken, sich selbst zu regulieren und achtsam zu sein.
  2. Seien Sie achtsam Ihren Körpersignalen gegenüber und den nonverbalen Signalen der Körpersprache Ihrer Kommunikationspartner.
  3. Stärken Sie Ihre Resilienz und die Fähigkeit, auch im Stress klar und effektiv zu kommunizieren.
  4. Kontrollieren Sie emotionale Reaktionen, und bleiben besonnen und ruhig.
  5. Gehen Sie sorgsam mit Ihrer Kraft um und setzen Sie diese so effizient wie möglich ein.

"Kommunikatives AIKIDO" im Gespräch

 

„Wenn Du angegriffen wirst, schließe Deinen Gegner ins Herz.“

 

Dieses Zitat des AIKIDO Begründers Ueshiba Morihei stößt bei den meisten auf Widerstand und Ablehnung. Im Konflikt sind wir versucht, den Angriff abzuwehren und gegenzuhalten. Argument folgt auf Argument, auf Angriff folgt Gegenangriff und während wir uns streiten, merken wir gar nicht, wie wir unsere Souveränität verlieren und das Spiel der Angreifenden spielen.

 

Wer, wie im AIKIDO, dem Gegenüber mit Respekt begegnet, unterschiedliche Meinungen und Perspektiven anerkennt und wertschätzt, sorgt gleichzeitig für eine Gesprächsatmosphäre, in der die Gesprächspartner Ihr Gesicht wahren und damit Ihre Würde behalten. Dadurch wird eine kooperative und harmonische Kommunikationsumgebung geschaffen und die Bereitschaft zu gemeinsamen Lösungen gefördert. Voraussetzung dafür ist, sich in die Perspektive des Gesprächspartners einzufühlen und zu zeigen, z.B. durch aktives Zuhören, dass man darum bemüht ist, den Standpunkt zu verstehen. Vor diesem Hintergrund verstehe ich das Zitat als eine Chance durch Verständnis für die Sichtweise der angreifenden Person, die eigene Haltung zu bewahren, souveräner zu bleiben und Konflikte effektiver zu lösen, auch, oder gerade, wenn ich anderer Ansicht bin. 

 

Angriffe, erfolgen oft aus einer Position der Schwäche und der Hilflosigkeit heraus, die sich als Stärke tarnen möchte. Wer sich als Reaktion darauf verkrampft und den eigenen Standpunkt starr verteidigt, verliert zu viel Energie in eskalierenden Konflikten. Hilfreicher ist es, flexibel und anpassungsfähig auf die Argumentationen einzugehen. Passen Sie Ihre Kommunikationsstrategie an die jeweilige Situation und Person an. Seien Sie offen für neue Informationen und Perspektiven. Es gibt immer mehr als eine Lösung für die anstehende Herausforderungen. Erarbeiten Sie gemeinsam unterschiedliche Lösungsansätze. Überprüfen Sie zusammen die Effektivität der gefundenen Lösungen. Sparen Sie dadurch Energie und andere Ressourcen wie Zeit und Kraft.

 

Die drei Schritte des "Kommunikativen AIKIDO"

1. Mitgehen:

Beim Mitgehen geht es darum, wie beim aktiven Zuhören, das Verständnis zu überprüfen und den Gesprächspartnern zu zeigen, dass Sie bemüht sind, den Standpunkt zu verstehen, selbst wenn Sie nicht der gleichen Meinung sind. Dadurch bauen Sie Spannungen ab, da sich die angreifende Person ernst genommen und wertgeschätzt fühlt.

Mögliche Formulieren sind: „Vielen Dank für die Offenheit/das Vertrauen und dass Sie Ihre Zweifel/Bedenken/Meinung hier zur Diskussion stellen (einbringen, teilen etc.). Habe ich Sie richtig verstanden? Es geht Ihnen darum ...?“ 

 

2. Zeit gewinnen:

Sie übernehmen die Verantwortung für Ihren Anteil am Konflikt und zeigen gleichzeitig, dass Sie dem Angriff selbstbewusst standhalten. Erläutern Sie Ihre Beweggründe in anderen Worten und berücksichtigen dabei die Äußerungen Ihrer Gesprächspartner.

 

„Das zeigt mir, dass ich die Vorteile/Chancen/den Nutzen noch klarer (deutlicher, verständlicher) erläutern (darstellen, erklären, herausarbeiten), kann.“ 

 

3. Konstruktiv reagieren:

Zeigen Sie den Nutzen anhand von Beispielen anschließend auf. Bereits Gesagtes wird hier wiederholt.

„Ich möchte die Gelegenheit (Chance) nutzen, um die vielen Vorteile noch mal (erneut) aufzuzeigen (zu verdeutlichen, erklären …), die sich aus der neuen Verfahrensweise ergeben.“ 

 

Ein Beispiel aus dem Pflegealltag:

Herr H. kommt zu Hause nicht mehr allein zurecht. Sowohl er als auch seine Wohnung zeigen deutliche Anzeichen von Verwahrlosung. Seine Tochter Jutta schlägt ihm bei einem Besuch vor, eine Haushaltshilfe und einen Pflegedienst zur Unterstützung zu engagieren. Herr H. reagiert darauf ungehalten und greift seine Tochter an. Bislang sei er noch immer klargekommen, was sie denn glauben würde, und überhaupt kommen ihm keine fremden Leute in die Wohnung.

Jutta ist schockiert. Sie hat es doch nur gut gemeint. Bevor Jutta reagiert, versetzt sich in den Vater hinein.

Sie antwortet wie folgt:

 

1. Mitgehen:

Bitte entschuldige. Ich kann verstehen, dass es Dir unangenehm ist, wenn fremde Menschen in Deine Wohnung kommen. Viele Jahre hast Du Dich gut selbstständig um Dich gekümmert und es nicht leicht zu ertragen, dass dies nicht mehr so funktioniert, wie früher.

 

2. Zeit gewinnen:

Vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt. Bitte gib mir die Chance, Dir zu erläutern, welche Vorteile es aus meiner Perspektive für Dich hat, wenn wir mehr Unterstützung für Dich organisieren.

 

3. Konstruktiv reagieren:

z.B.: „Eine Haushaltshilfe könnte Dich von den Aufgaben im Haushalt entlasten, die Dir nicht so viel Spaß machen oder Dich zu viel Kraft kosten. Dadurch bliebe Dir mehr Zeit für die Dinge, die Dir Freude bereiten und Du bist weniger gestresst und erschöpft. Wir könnten uns in Deinem Freundeskreis umhören, ob sie jemand vertrauenswürdigen kennen und wir starten erst mal einen Probelauf, z.B.: alle 14 Tage für ein paar Stunden. Dann kannst Du in Ruhe entscheiden, ob Dir die Person sympathisch ist und wenn Du mehr Entlastung haben möchtest, hast Du schon jemanden, den Du kennst und vertraust. Was denkst Du dazu, können wir es so einmal probieren?

 

Für mich persönlich war Kommunikatives AIKIDO der Gamechanger in der Kommunikation mit meiner Mutter während ihrer Pflegebedürftigkeit. Dadurch konnten wir schwere Situation trotz hoher Emotionalität auf beiden Seiten leichter lösen.

 

Diese Erfahrungen gebe ich gerne am 17.08.2024 in dem Seminar: "Harmonie und Balance in der Pflege: Kommunikatives Aikido für pflegende Angehörige" weiter.

 

Erfahren Sie, wie Sie Ihre Pflegekommunikation durch "Kommunikatives Aikido" nachhaltig verbessern und nutzen Sie diese Methode, um in der Pflegebeziehung Harmonie und Balance zu erhalten!

 

Hier erfahren Sie mehr zum Seminar …

 

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